Mit Sonne und Biogas nachhaltige Kraftstoffe produzieren
Mitten auf einem Feld bei Jülich, nahe Aachen, stehen über hundert sechseckige Spiegel, die wie überdimensionale Satellitenschüsseln wirken. Diese Spiegel sind halbkreisförmig um einen 20 Meter hohen Turm angeordnet und alle auf die Sonne ausgerichtet. Was auf den ersten Blick wie ein futuristischer Solarpark aussieht, ist in Wirklichkeit die erste industrielle Anlage zur Produktion von Solartreibstoff, gebaut von der Schweizer Firma Synhelion innerhalb von nur anderthalb Jahren.
Die innovative Methode von Synhelion nutzt extrem hohe Temperaturen, um in einem thermochemischen Reaktor aus Kohlenstoff und Wasser Synthesegas herzustellen. Dieses wird dann vor Ort in flüssiges synthetisches Rohöl umgewandelt, das sich in handelsüblichen Fässern leicht transportieren lässt. In konventionellen Ölraffinerien kann dieses Rohöl weiter zu Diesel, Benzin oder Kerosin verarbeitet werden – genau wie fossiles Rohöl.
Anders als bestehende Anlagen, die Strom aus Solar- oder Windkraft nutzen, um hohe Temperaturen zu erzeugen, setzt die Synhelion-Anlage direkt auf die Sonne. Bewegliche Spiegel konzentrieren die Sonnenstrahlen auf einen Punkt an der Spitze des Turms, wo ein Empfänger Temperaturen von bis zu 1.500 Grad erreicht. Diese Wärme wird dann an den Reaktor weitergeleitet – ein Prozess, den Synhelion „sun to liquid“ nennt.
Der benötigte Kohlenstoff stammt dafür aus Biogas, das aus landwirtschaftlichen Abfällen und Produktionsabfällen einer Papierfabrik gewonnen wird. In Zukunft soll es auch möglichsein, den Kohlenstoff direkt aus der Luft extrahieren zu können. Diese Technologie basiert auf Forschung der ETH Zürich, an der auch der Mitgründer und Co-Geschäftsführer von Synhelion, Philipp Furler, beteiligt war.
Die Bedeutung synthetischer Kraftstoffe nimmt in den Klimaschutzplänen der Europäischen Union zukünftig zu. Ab 2025 müssen alle Flüge, die von einem EU-Flughafen starten, mindestens zwei Prozent synthetische Kraftstoffe enthalten. Bis 2050 soll dieser Anteil auf über 70 Prozent steigen. Um diesen Bedarf zu decken, muss die Produktion deutlich erhöht werden.
Frank Atzler, Inhaber des Lehrstuhls Verbrennungsmotoren und Antriebssysteme an der TU Dresden, erklärt: „Die Welt der Zukunft wird elektrisch sein. Aber Strom lässt sich relativ schlecht speichern oder über lange Strecken transportieren. Dafür brauchen wir flüssige synthetische Kraftstoffe.“
Die Anlage in Jülich ist derzeit eine Pilot- und Demonstrationsanlage und kann jährlich nur wenige Tausend Liter synthetisches Rohöl produzieren, auch wegen der begrenzten Sonneneinstrahlung in Deutschland. Doch die nächsten Projekte sind bereits geplant: Ab 2025 soll in Spanien die erste kommerzielle Produktionsanlage entstehen, die jährlich 1.000 Tonnen Treibstoff produzieren soll.
Mehr Informationen zur Anlage finden Sie auf der Homepage der Firma Synhelion: Synhelion turns sunlight into fuel
Bildquelle: © Synhelion
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